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kfd: Frauengemeinschaften in NRW fordern Engagement der Politik

Der Staat darf die Aufklärung von sexualisierter Gewalt nicht länger den Kirchen überlassen

Paderborn. „Der Staat darf die Aufklärung von sexualisierter Gewalt nicht länger den Kirchen überlassen“, lautet die Forderung der nordrheinwestfälischen Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) an die Politik. Unter der Geschäftsführung des kfd-Diözesanverbands Paderborn für die LAG kfd NRW begrüßten die Diözesanvorsitzende Katharina Brechmann und die Geschäftsführerin Silvia Stiewe weitere Mitstreiterinnen aus den Verbänden Aachen, Essen, Köln und Münster. Sie vertreten gemeinsam die Interessen von 222.000 kfd-Frauen. Die kfd hat das Ziel, Frauen in Kirche, Gesellschaft und Politik zu stärken. Das gemeinschaftliche Leben und Erleben des Glaubens stehen dabei im Mittelpunkt.

Der Staat muss gegenüber den Kirchen eine aktivere Rolle einnehmen, fordern die Geschäftsführerin Silvia Stiewe und die Vorsitzende Katharina Brechmann (v.l.) vom kfd-Diözesanverband Paderborn im Zusammenschluss mit Vertreterinnen der Verbände in NRW.Foto: kfd-Diözesanverband

Die Teilnehmerinnen der Tagung sahen sich mit Fakten konfrontiert, die sie nicht länger hinnehmen wollen. 13 Jahre sind vergangen, seitdem erste Fälle sexualisierter Gewalt von katholischen Geistlichen in Deutschland bekannt geworden sind. Nur neun von 27 Bistümern haben bislang Untersuchungen veröffentlicht. Aus Sicht der kfd in NRW vergeht zu viel Zeit, bis die Taten überhaupt ans Licht kommen. Das Ergebnis: Die Straftaten sind verjährt, Akten nicht mehr auffindbar, Beweise vernichtet. „Wir sehen, dass die Aufklärung voller Versäumnisse ist und die Untersuchungen bleiben meistens ohne Folgen für die Verantwortlichen“, so Elisabeth Bungartz von der kfd in Köln. „Die Öffentlichkeit wird laufend über neue Taten sexualisierter Gewalt informiert. Das Entsetzen ist jedes Mal groß, die Verantwortlichen sind in den meisten Fällen verstorben, die anderen arbeiten in den meisten Fällen einfach weiter in ihren Funktionen“, stellt Katharina Brechmann von der kfd in Paderborn fest. „Jede Diözese entscheidet anders über die Ausrichtung der Untersuchung, es gibt keinerlei Standards. Ob Betroffene einbezogen werden, welche Disziplinen beteiligt sind, entscheidet der jeweilige Diözesanbischof. So haben wir Untersuchungen, deren Vollständigkeit getrost angezweifelt werden kann“, vermutet Jutta Lutterbay von der kfd in Münster. „Wir glauben, dass die Kirche selbst nicht in der Lage ist, die in ihren eigenen Reihen verübten Taten sexualisierter Gewalt angemessen aufzuklären. Der Staat ist hier gefragt“, fordert Marie-Theres Jung von der kfd in Aachen. Dem Zusammenschluss von engagierten Frauen geht es darum, in NRW eine unabhängige Aufklärungskommission zu installieren. Außerdem setzen sie sich für die Schaffung von gesetzlichen Regelungen ein, die es staatlichen Kommissionen ermöglichen, Akteneinsichten zu bekommen. „Die Einhaltung der Menschen- und Grundrechte ist Aufgabe des Staates. In Bezug auf das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit muss der Staat auch gegenüber den Kirchen eine aktivere Rolle einnehmen“, fordert Barbara van de Lücht von der kfd in Essen.